Die Badische Zeitung berichtete am 12. Januar von der Unterbringung der jungen Mutter Selina R und ihrer Kinder in einem Container, welcher ursprünglich für die kurzfristige Unterbringung von Flüchtlingen vorgesehenen ist, durch die Gemeinde March bei Freiburg.
Selina R. wohnte zuvor mit ihrem damaligen Lebenspartner in einer Wohnung in Holzhausen (Gemeinde March). Ihr Mann kündigte jedoch seinen Job, die Miete konnte bald nicht mehr gezahlt werden, eine Zwangsräumung stand an. Die Gemeinde half ihr sechs Monate bei der Mietfortzahlung. In dieser Zeit trennte sie sich von ihrem Partner und suchte eine geeignete Wohnung, jedoch erfolglos. Da in March keine freien Sozialwohnungen mehr zu Verfügung stehen landete sie in einem der Container. Bei ihrer momentanen Wohnungsuche erhält sie – im Gegensatz zu Geflüchteten mit kleinen Kindern – keine Hilfe durch die Gemeinde. Selina R. berichtet von den Vorurteilen, die ihr von VermieterInnen durch ihre derzeitige Wohnsituation entgegenschlagen: Sie gilt als arm und nicht in der Lage, anfallende Mietkosten fristgerecht zu zahlen.
Für die Hetzer vom rechten Rand ist der Fall klar: Ausländer werden gegenüber Deutschen bevorzugt. Die Flüchtlinge sind mal wieder das Problem. Doch so einfach ist die Sache nicht!
Der Fall zeigt vor allem drei Dinge:
1) Jahrelang wurde der soziale Wohnungsbau vernachlässigt. Für Menschen mit geringem Einkommen, RentnerInnen, alleinstehende Mütter, Geflüchtete und andere sozial benachteiligte Menschen ist es in Freiburg und Umgebung enorm schwer eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Das Problem ließe sich bekämpfen mit der konsequenten Nutzung des bestehenden Leerstandes und einem sozialen Wohnungsbau, der das Ziel verfolgt, Wohnungen langfristig dem regulären Immobilienmarkt zu entziehen. Doch solche Maßnahmen scheinen momentan nicht im Sinne der etablierten Politik zu sein, geht es dieser doch eher darum, finanzstarke Mittelschichtfamilien zu fördern und finanzschwache MieterInnen zu verdrängen – so beispielsweise im Moment im Binzengrün in Freiburg-Weingarten durch die Freiburger Stadtbau. Der massive Ausbau des sozialen Wohnungsbau ist seit Jahren überfällig, soziale Durchmischung darf nicht Verdrängung heißen.
2) Zwangsräumungen müssen gestoppt werden. Wird man erst einmal aus seiner Wohnung geworfen und ist anschließend auf die Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft angewiesen, wirkt das auf dem etablierten Immobilienmarkt als soziales Stigma: VermieterInnen gehen davon aus, dass man nicht in der Lage sei, seine Miete zu zahlen. Es wird für die Betroffenen noch schwerer eine neue Wohnung zu finden. Kurzfristig Abhilfe könnte hier ein Soziales Zentrum schaffen, in dem beispielsweise Betroffene von Zwangsräumungen und Geflüchtete für einige Zeit unterkommen können. Es gibt in Freiburg eine Initiative für ein derartiges Zentrum im ehemaligen DGB-Haus. Doch stellt sich der DGB noch quer, wohl weil mit einer sozialen Nutzung des Gebäudes eben nicht wie auf dem regulären Immobilienmarkt Geld verdient werden kann.
3) Verlässt man sich auf bei sozialen Problemen auf den Staat, so ist man verlassen. Gegen Wohnungsnot hilft eine solidarische Praxis: Zwangsräumungen müssen verhindert, Mietsteigerungen gestoppt und leerstehender Wohnraum angeeignet werden. Auch damit sich die Baupolitik hin zur Schaffung von tatsächlich auf Dauer garantierten Niedrigpreiswohnungen ändert braucht es Druck von unten. Nur durch eine kämpferische Praxis werden wir ein Recht auf Wohnen für alle erstreiten können!
Initiative „Zwangsräumungen verhindern! Freiburg“ | Januar 2016